Tioga II Segelboot

Als Vorbilder dienten für den Eigner  „Tioga“ und „Bounty“ von Herreshoff. Die Hauptabmessungen wurden ähnlich gewählt, jedoch die Rumpflinien mehr auf die Kreuzeigenschaften optimiert.

Die Inneneinrichtung wurde den Bedürfnissen des Eigners angepasst. Direkt hinter dem Hauptmast folgt ein wasserdichtes Kollisionsschott, davor die Kabine der Crew mir separaten Niedergang vor dem Mast. Zwei feste Kojen und zwei zusätzliche Klappkojen bieten genug Raum für die Crew. Im Vorschiff  befindet sich Raum für Anker und Kette, von der aber lediglich 25m vorn und die restlichen 70m  werden über ein Rohr nach achtern in Mastnähe geführt. Zusätzlich befindet sich im Vorschiff das ausfahrbare Bugstrahlruder.

An das Mastschott schließt nach achtern ein eleganter Sitzbereich an.  Große Tanks und Stauraum befinden sich unter dem erhöhten Fußboden. Nach achtern schließt sich ein zweiter über die halbe Schiffsbreite reichender Sitzbereich an, gegenüber davon befindet sich die Pantry mit großzügigen Arbeitsflächen und Staufächern. Achtern befindet sich die geräumige Eignerkammer und eine Gästekabine. Beide mit WC und zentral die separate Duschkabine.

Hinter dem Besanschott fängt der Maschinenraum an,  als Hauptantrieb dient ein Z-Antrieb aufholbar mit Klappen, ca. 150 PS. Ebenso ein Generator mit 3 kW.

Länge über alles:20,60 m
Länge Wasserlinie:14,51 m
Breite:4,78 m
Tiefgang:2,95 m
Verdrängung (leer):19,20 m
Material:Mahagoni/Epoxy
Rumpfgeschwindigkeit:9,26 kn
Takelung:Ketsch
Masten:Hall Spars, Karbon
Segelfläche am Wind:308 m2
Segel:Nova Sails, Dacron
Motor:1 x Volkswagen 123 kW
Furler:Bartels
Bugstrahlruder:Vetus
Klassifikation:CE-Kategorie „A“
Design:J. Hempel, J. Martin, P. Tess
Werft:Yachtswerft Martin, 2013

IM HERZEN JUNG — Tioga of Hamburg

Boote Exclusiv — 1/14, von: Martin-Sebastian Kreplin

Mit dem Retroklassiker „Tioga of Hamburg“ hat sich der Eigner einen Altersruhesitz der besonderen Art geschaffen. Klassisch-schön und doch durchweg modern.

Tioga – aus dem Indianischen steht es frei übersetzt für eine Weggabelung, einen passenderen Namen hätte Peter Tess für seine neue Yacht kaum wählen können. Gemeinhin gelten Besitzer hölzerner Yachten als besonders vernarrt in ihre Preziosen, hegen und pflegen sie solange nur irgend möglich. Doch wie das Schiff altert, bleiben auch deren Eigner nicht ewig jung und können sich den größeren Strapazen des Klassikersegelns nicht immer so lange stellen, wie sie es sich wünschen.

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„Ich bin jetzt über siebzig, möchte aber mindestens noch die kommenden zehn Jahre ohne Helfer auf Reisen gehen“, bringt es Peter Tess auf den Punkt. Noch sei der Körper ebenso fit wie der Geist, darauf vertrauen will der studierte Maschinenbauer aber nicht.

„Tioga of Hamburg“ kommt ohne Crew aus, der Eigner liebt es, mit der Familie zu segeln Und hat vor fünf Jahren vorgesorgt. Bei der Bootswerft Martin, der führenden Holzbootwerft am Bodensee, gab Tess einen Neubau in Auftrag, obwohl ihm mit seiner ersten „Tioga“ eine Klassikerreplika gehört, der viele Segler schwärmend hinterherblicken. „Die Vorgängerin ist zwar technisch jung – sie wurde 1988 auf Kiel gelegt –, doch der Riss entspricht exakt dem, den Francis Herreshoff für das Original zeichnete“, und das sei nicht unbedingt etwas, das man mit 80 Jahren noch zwei- oder einhand bewegen könne.
Auch fehle der Ketsch mit ihren markant fallenden Masten der nötige Raum, um längere Zeit wirklich komfortabel auf ihr leben zu können. Kurzum: Ein neuer Weg sollte eingeschlagen werden, eine neue „Tioga“ musste her, über Wasser mindestens genauso schön wie das

Klassik-Linien, moderne Anhänge
Original, unter der Oberfläche aber so modern wie nur möglich. Eine in dieser Zeit fast schon übliche Aufgabe für Werften und Konstrukteure, doch mit Peter Tess führte ein Mann Regie, der bis ins Detail wusste, was er wollte. Und das ist selten Standard. Das zeigt schon ein flüchtiger Blick über das Deck, das frei ist von hydraulischen Furlern, in sicherer Höhe angeschlagenen Bäumen mit massiven Kickern oder endlosen Decksflächen mit versenkten Luken. Stattdessen bestimmen manuell betriebene Endlosroller, aufwendig gebaute Skylights, jede Menge Doradelüfter und ein so niedrig angesetzter Großbaum das Bild, dass es einem fast den Atem verschlägt. „In der Höhe kann ich sicher das Segel bergen und verstauen“, erklärt der Eigner, „und gut aussehen tut es auch.“ Um den Park-Avenue-Baum am Steigen zu hindern, läuft die Großschot zweiteilig und setzt weiter außen am Kajütdach an. Das wiederum geht so nah an die Bordwand, dass nur ein schmales Laufdeck übrig bleibt. 14 Stäbe ausgesuchtes Teakholz zwischen Schanz und Aufbau bieten eine hochseefeste Passage aufs Vordeck, die für jeden Segelwechsel auch zwingend nötig ist. Einzige elektrische Hilfe auf dem Vordeck: das Verholspill der Ankerwinde. Bei zu viel Wind lassen sich die Reffleinen der Bartels-Endlos-Furler mit dessen Hilfe durchholen. Ganz klar: Die neue „Tioga“ soll zwar altersgerecht sein, Technikhörigkeit bedeutet das für den Eigner jedoch nicht. Stattdessen verfügt der formverleimte Neubau erstmals über eine separate Crewkabine im Vorschiff, die über einen eigenen Niedergang erreichbar ist.

Altersgerecht mit Technikverzicht
Zwei Kojen und eine eigene Nasszelle ermöglichen es der Deckhand, auch einmal seinen Partner mitnehmen zu können, so der ausdrückliche Wunsch. Dass der Raum im Vorschiff bei nur knapp mehr als 20 Meter Rumpflänge nicht üppig ausfällt, ist nachvollziehbar – „hier muss man sich schon den Platz mit dem Code Zero und den Bordfahrrädern teilen.“ Auch könnte es auf See etwas rauer zur Sache gehen, denn der klassischen Linie über Wasser zum Trotz ist der Rumpf unter Wasser auf dem neuesten Stand. Ein frei stehendes Ruder und ein maximal 2,95 Meter tief gehender Hubkiel mit Bleibombe sorgen für eine Lebensfreude unter Segeln, die so gar nicht zu dem adrett klassischen Erscheinungsbild passen will. Schon bei acht bis zehn Knoten Wind beginnt die Yacht zu leben, lässt sich mit zwei Fingern am Rad steuern und reagiert selbst auf kleinste Ausschläge. Und das mit einer noch nicht einmal besonders hochwertigen Segelgarderobe. Passend zum äußeren Look der ganzen Yacht ließ Peter Tess die gesamte Garderobe aus einfachem Tuch produzieren, setzt sie aber an dezent weiß lackierten Karbonspieren, die Hall lieferte. Kleine Mosaiksteine, die halfen, das Gesamtgewicht der Ketsch auf weniger als 20 Tonnen zu drücken, so viel wie eine 66er Baltic. Dabei sollte der Neubau kein ausgewiesener Leichtbau werden, der Rumpf beispielsweise ist 34 Millimeter stark, durchgehend aus Mahagonifurnier. Auch der Bugspriet – mit seiner transparent-weißen Lackierung eine deutliche Reminiszenz an die klassische Verwandtschaft – ist ein massives Stück Holz anstelle womöglich furnierverkleideter Kohlefaser. Vielmehr ist es der grundsätzliche Verzicht, den der Eigner übt, statt der teuren und aufwendigen Gewichtsoptimierung überbordender Ausstattung. So muss unter Deck eine Dusche für alle genügen, die Frischwasserkapazität wird bei Bedarf mit einem Watermaker ergänzt, und als Maschine kam gerade deshalb ein Volkswagen-Marinediesel zum Einsatz, weil der einen direkt angeflanschten Generator bot. Auch strukturell einfache Lösungen halfen, das Gewicht gering zu halten. Statt eines zu öffnenden Spiegels, um die Lazarette des kleinen Tenders zu erreichen, fiel die Wahl auf eine Klappe im Achterdeck, die Hubkielhydraulik überzeugt ebenfalls durch einfachen Aufbau.

Das Layout zeichnete der Eigner
Einen Großteil dieser Ideen brachte der Hobbykonstrukteur Tess selbst mit ein, beratend und berechnend stand ihm und der Werft zusätzlich Yachtdesignerin Juliane Hempel bei, seit Jahrzehnten Josef Martin und seinem Betrieb am Bodensee eng verbunden. Obgleich geprägt von den Ideen des Eigners und den immer wiederkehrenden Zitaten des großen Konstrukteurs Herreshoff ist die junge „Tioga“ auch eine typische Martin-Yacht geworden. Das Mahagoni an Rumpf und Deck auffällig gebeizt, die Holzverarbeitung im Detail fast schon pedantisch, der Bau der Möbel für heutige Verhältnisse ungewohnt verspielt. Dort, wo Peter Tess keine Prioritäten setzte, blieb Raum für die der anderen. „Die Vitrinengläser zum Beispiel“, erklärt Tess, „die wünschte ich mir unterteilt. Dass die Werft es mit Bleiglas ausführte, war deren Idee.“

Perfekte Holzverarbeitung
Interessant zu sehen ist, wie gut es der Bodensee-Werft trotz Puppenstuben-Charakter gelungen ist, einen durch und durch hochseegerechten Retroklassiker zu bauen: Jedes Fenster im Aufbau lässt sich öffnen, es stehen verschiedene Seekojen zur Verfügung, die Navigation ist in Rufweite des Niedergangs, die Tanks sind im Schwerpunkt des Schiffes untergebracht, die Schanz bietet mit bis zu vierzig Zentimetern Höhe ein großes Sicherheitsgefühl auf längeren Blauwasser-Passagen. Ganz klar: Die neue „Tioga“ ist nicht zum Hafenliegen konstruiert, sondern um auf See zu sein.

3000 Seemeilen kreuz und quer durch die Ostsee hat der Eigner schon in der ersten Saison geloggt und die neue Yacht so intensiv prüfen können. Besonders gefallen hat ihm dabei die ungewöhnliche Innenraumaufteilung, mit großer Rundsitzgruppe am vorderen Schott. In erhöhter Position lässt es sich dort in gemütlicher Runde sitzen, überdacht von einem extra großen Skylight. „Ist der Sternenhimmel besonders schön, wird die Sitzgruppe problemlos zu einem großen Bett mit freiem Blick nach oben.“ Alternativ finden Gäste achtern eine Doppelkabine sowie rechts und links der Sitzgruppe noch je eine kleine Koje.

Layout für Hochsee und Langfahrt
Die sternenblicklose Eignerkabine liegt im Heck und ist ungewöhnlich klein, kaum größer als die für Gäste auf der gegenüberliegenden Seite. Hier gibt es nur das Nötigste, etwas Schrankraum, eine Toilette. Vor der Tür ist noch eine kleine Sitzgruppe mit dem einzigen TV-Gerät an Bord untergebracht, von der an Backbord liegenden Pantryzeile durch den massiven Hubkielkasten abgetrennt. Loftartige Großzügigkeit und endlos weiße Flächen gibt es auf „Tioga“ nicht, sie besticht durch dunkle Kleinräumigkeit, ohne dadurch beklemmend eng zu wirken. Das klassische Äußere hat nichts anderes als solch eine Langfahrtyacht erwarten lassen, ein Layout, das auch auf Hochsee funktioniert, ohne dass jedes Stilmöbel zuvor angegurtet oder entfernt werden muss. Peter Tess hat seine letzte Weggabelung, seine letzte „Tioga“ erreicht. Die Vorgängerin steht zum Verkauf, der Kursplan für die kommenden Monate ist grob skizziert, der Eigner glücklich. Nun, der Baum des Besan sei vielleicht etwas zu hoch, murmelt er. Und steht kurze Zeit später darauf, um das Segel zum Setzen vorzubereiten, die Crewkabine im Vorschiff wird wohl noch lange Jahre leer stehen. Aber es ist nicht verkehrt, Wege anzulegen, bevor man sie beschreiten muss.